Irland: Wer schlimm war landet in der Wäscherei
„Wenn Du nicht brav bist, landest Du in der Klosterwäscherei.“ Diese ‚Erziehungsmaßnahme‘ nahm die irische Sängerin Shirley Grimes zum Anlass für ihr Lied über die Magdalene Laundries:
Ten thousand were buried with shovels and picks / Their bodies were covered with mortar and bricks / A shrine to a dark part of our history / To the pain that was suffered in the Magdalene Laundries /
The sisters of mercy knew no mercy at all / They fed off the shame of the women who’d fallen / Abandoned by God and by their families / The young girls imprisoned in the Magdalene Laundries
They went swish, wash, swish, wash away the sins from your soul / Swish, wash, swish, wash away the sins from your soul / Their babies were murdered, the lucky were sold / While their mothers were worked to the skin and the bone / They washed and they ironed and they scrubbed to be free / The women who slaved in the Magdalene Laundries
They went swish, wash, swish, wash away the sins from your soul / Swish, wash, swish, wash away the sins from your soul / In 1997 the last one was closed / It took almost two decades for their story to be told / Not a word from the church, not an apology / To the women and children from the Magdalene Laundries / They went swish, wash, swish, wash away the sins from your soul / Swish, wash, swish, wash away the sins from your soul
Um den Familien die Schande eines unehelichen Kindes zu ersparen, wurden in Irland zwischen dem 18. und dem späten 20. Jahrhundert unverheiratete Mütter in katholische Klöster abgeschoben. So war beispielsweise der ‚Orden der Bon Secours Sisters’ ein Pflegeorden; die Nonnen waren als Hebammen und Krankenschwestern ausgebildet. Insgesamt gab es in Irland rund ein Dutzend solcher Einrichtungen.
Die Zeit im Kloster ähnelte einem Gefängnisaufenthalt. Die ‚gefallenen Mädchen‘ mussten Fronarbeit leisten, zum einen als Abgeltung für die kostenlose Entbindung und nachgeburtliche Betreuung, aber auch als Bestrafung für ihren moralischen Fehler und zur ‚Besserung’. Auch Prostituierte wurden dorthin zur Zwangsarbeit eingewiesen. Zwischen 1900 und 1996 sollen ca. 35 000 Frauen in ein derartiges Heim für ledige Mütter eingezogen sein. Hauptsächlich mussten sie in den Wäschereien arbeiten, den Magdalen Laundries, benannt nach der biblischen ‚Sünderin’ Maria Magdalena. Auftraggeber waren beispielsweise Banken, Hotels, Theater, Spitäler, Ministerien und das Militär.
Auch die Kinder mussten büßen
Die Babys wurden den Müttern weggenommen und anonym an adoptionswillige Ehepaare oder Pflegeeltern abgegeben. Bei einem Treffen früherer Insassinnen eines Mutter-Kind-Heimes in Cork sagte eine Frau: „All diesen Müttern hat man das Herz gebrochen! Viele von uns, auch ich selbst, suchen das ganze Leben lang irgendetwas, das uns diesen Verlust kompensiert, aber das funktioniert nicht. Wenn dein Baby weg ist, ist auch dein Leben weg.“
Die irische Bevölkerung hat die Probleme und Übergriffe der kirchlich geführten Mutter-Kind-Heime lange Zeit ignoriert, ein Massengrab war beispielsweise seit 1975 bekannt gewesen. Erst im Jahr 1993 begannen offizielle Untersuchungen. Als im Gelände vor einer Klosterwäscherei mehr als 150 namenlose weibliche Leichen entdeckt wurden, nahmen auch die Medien das Thema auf. 1996 wurde die letzte Klosterwäscherei geschlossen. 2013 folgte eine staatliche Entschuldigung, 2022 wurden Entschädigungen an 814 Überlebende ausbezahlt. Die Klöster beteiligten sich an diesen Wiedergutmachungen nicht, da sie ja dem Land einen Dienst erwiesen hätten.
Unauffindbar sind die unzählbar vielen Babyleichen. Die Sterblichkeit wird zwischen 35 und 60 Prozent geschätzt, ein anständiges Begräbnis erhielten nur die wenigsten. In einer Parlamentsdebatte wurde festgestellt, dass jedes dritte uneheliche Baby im ersten Lebensjahr gestorben ist – etwa fünfmal so viele wie unter ehelichen Kindern. Die Historikerin Catherine Corless hatte 2012 herausgefunden, dass zwischen 1925 und 1961 796 Kinder in einem Kloster in der 4000-Einwohner-Stadt Tuam gestorben waren, für lediglich ein Kind gab es eine Bestattungsurkunde. Die Leichname waren in einem Massengrab hinter dem ehemaligen Heim verscharrt worden, manche hatte man in den Abwassertank auf dem Gelände geworfen. Die Kinder waren an Masern, Lungenentzündung und Tuberkulose gestorben oder einfach verhungert.
Überlebende Kinder erhielten eine rudimentäre Schulausbildung, bei der sie arbeiten - und beten - lernen sollten. In den Schulen wurden sie schlecht behandelt, ausgegrenzt, verspottet – von den Nonnen und nach ihrem Beispiel auch von den Mitschülern: Sie waren quasi Freiwild. Wenn sie großes Glück hatten, kamen sie zu einer Familie, in der es ihnen gut ging. Auf die Frage nach ihrem Schicksal bekamen weder die leiblichen Mütter Auskunft noch erhielten die Kinder Zugang zu den Daten ihrer Herkunft.
Ausser den Medienberichten befasst sich eine große Zahl von Filmen, Theaterstücken und Kompositionen mit dem Thema Magdalene Laundries. Der „Klassiker“ wurde von 1992 Mary Coughlan aufgenommen, https://genius.com/Mary-coughlan-magdalen-laundry-lyrics:
For seventeen years I've been scrubbing this washboard / Ever since the fellas started in after me
My mother poor soul didn't know what to do / The Canon said 'Child there's a place for you'
Now I'm serving my time at the Magdalen Laundry / I'm toeing the line at the Magdalen Laundry
There's girls from the country, girls from the town / Their bony white elbows going up and down
The Reverend Mother as she glides through the place / A tight little smile on the side of her face
She's running the show at the Magdalen Laundry / She's got nowhere to go but the Magdalen Laundry
Ooh Lord won't you let me / Don't you let me / Won't you let me wash away the stain /Ooh Lord won't you let me wash away the stain
I'm washing altar linen and cassocks and stoles / I'm scrubbing long Johns for these holy Joes
We know where they've been when they're not saving souls / What the red wine spilt what the smooth hand poured / We're squeezing it out at the Magdalen Laundry / We're scrubbing it out at the Magdalen Laundry
Ooh Lord won't you let me / Don't you let me / Won't you let me wash away the stain / Ooh Lord won't you let me wash away the stain
Sunday afternoon while the Lord's at rest / It's off to the prom watch the waves roll by / We're chewing on our toffees, hear the seagulls squawk / There go the Maggies the children talk / Through our faces / they stare at the Magdalen Laundry / In our eyes see the glare of the Magdalen Laundry
Ooh Lord won't you let me / Don't you let me / Won't you let me wash away the stain / Ooh Lord won't you let me wash away the stain
Die aktuelle Komposition „Magdalene Laundries“ der irischen Sängerin Shirley Grimes beweist, wie präsent die Vergangenheit noch immer ist. https://www.shirleygrimes.com/