Die Fruchtabtreibung durch Gifte und andere Mittel

Anfang des 20. Jahrhunderts veröffentlichte Louis Lewin (1850 –1929) sein Buch ‚Die Fruchtabtreibung durch Gifte und andere Mittel’. Lewin gilt als Begründer der modernen Rausch- und Gewebegiftforschung. Als Wissenschafter fühlte er sich auch sozialen Fragen verantwortlich. Entsprechend dem Untertitel ‚Ein Handbuch für Ärzte, Juristen, Politiker und Nationalökonomen‘ listet dieses Standardwerk geeignete und ungeeignete Methoden und Substanzen für den Abbruch auf – z.B. Anilin, Bleiverbindungen, Chloroform, Dinitrokresol, Guano, Kaliumpermanganat, Karbolsäure, Kreide, Pyrogallussäure, Quecksilber, Schimmelpilze, Schwefelkohlenstoff, Zyankali, elektrischer Strom, Luftembolie, Peritonitis, Pockengift, Reizung der Brüste durch Schröpfköpfe, Röntgenstrahlen, Schnüren...
Es befasst sich aber auch mit philosophischen, ökonomischen, sozialen und ethischen Aspekten.

So nimmt Lewin in sehr moderner Weise zur Frage Stellung, ob die ärztliche Schweigepflicht den verbotenen Eingriff zu decken habe: „...absolute Beweise, die zu einem Eingreifen des Richters führen könnten, sind sehr selten zu geben, und selbst wenn sie sich darböten, nicht zu verwerten, da die Verpflichtung, das Berufsgeheimnis zu wahren, auch in solchen Fällen meiner Überzeugung nach besteht.“

Lewin haben wir Schätzungen über die Häufigkeit von Abbrüchen zu verdanken: „Die zivilisierten Länder unterscheiden sich in dieser Beziehung wohl wenig voneinander. Keines kann sich tugendhafter als das andere nennen.“ Er machte sich aber auch die Mühe Kriminalstatistiken auszuwerten. Für Österreich waren das zwischen 1880 und 1913 bei stark steigender Tendenz nicht weniger als 2790 Angeklagte, wobei Lewin einschränkt: „...die angegebenen Zahlen ... zeigen indirekt nur die größere oder geringere Geschicklichkeit, mit der die Fruchtabtreibung in einzelnen Ländern verheimlicht wird.“


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