Was bedeutet das Schlagwort ‚Roe v. Wade’?

Wie in den amerikanischen Wahlkämpfen der letzten Jahre flackerte in den USA vor einigen Monaten gerade wieder das Thema ‚Schwangerschaftsabbruch’ auf: Die WählerInnen wollen wissen, wie die jeweiligen Kandidaten zum Recht auf Abbruch stehen. Sind sie für oder gegen ‚Roe gegen Wade’?

‚Jane Roe’ war das Pseudonym einer jungen Frau, die 1970 gegen das texanische Verbot des Schwangerschaftsabbruches klagte. Henry Wade war als Staatsanwalt von Dallas ihr ‚Gegner’.

In den meisten Staaten der USA war der Schwangerschaftsabbruch illegal, jedoch gab es eine breite Bewegung, dieses Verbot zu Fall zu bringen. Von ihr wurde ein klagswilliges Ehepaar oder eine Einzelperson gesucht, die vor Gericht quasi als Stellvertreter für alle anderen schwangeren Frauen fungieren würde. Um diese ‚Vertretungsfunktion’ sichtbar zu machen, wurde das Pseudonym ‚Jane Roe’ gewählt, das etwa unserer ‚Erika Muster’ entspricht.

Die Sammelklage gegen das Abtreibungsverbot des Bundesstaates Texas wurde schließlich an den Obersten Gerichtshof der USA verwiesen. Er entschied am 22. Januar 1973, dass die Abtreibungsgesetze des Staates Texas das Recht der Frauen verletzen, über die Fortführung oder Beendigung einer Schwangerschaft selbst zu entscheiden. Er beschied: Gesetzliche Abtreibungsver- und -gebote sind im ersten Trimester der Schwangerschaft gar nicht, im zweiten Trimester nur eingeschränkt möglich, im dritten Trimester zulässig, solange nicht Leben oder Gesundheit der Schwangeren auf dem Spiel stehen.

Der Urteilsspruch betraf nicht nur Texas. Die meisten damals bestehenden Gesetze von US-Bundesstaaten und der US-Bundesregierung bezüglich Schwangerschaftsabbruchs verletzten laut dieser Entscheidung das Recht der Frauen auf Privatsphäre.

In den 30 Jahren seit dem Urteilsspruch hat sich in rund der Hälfte aller US-Bundesstaaten das Pendel wieder zurück bewegt: Durch bürokratische und/oder gesetzliche Hürden haben sie den Zugang zum Abbruch wesentlich erschwert.